Ende Juni 2016 fuhr ich mit dem Zug aus Österreich durch Passau. In einem Sechserabteil saßen außer mir noch zwei weitere Menschen. Ich versuchte zu schlafen. Gegen Mitternacht gingen die Abteiltüren auf, es wurde mit einer Taschenlampe hineingeleuchtet. Die Personen wiesen sich als Bundespolizei aus und fragten nach Ausweisdokumenten. Mir entfuhr zur Begrüßung „Schweine“ -‑auch, weil ich zunächst glaubte, sie wollen nur die Dokumente von den anderen, nicht-weißen Menschen, sehen. Doch sie wollten auch meine, also gab ich ihnen meinen Reisepass. Inzwischen war klar, dass ein Mensch keine Papiere hatte. Ich wurde gefragt, ob dieser ein Handy dabei habe und ob ich wüsste welches sein Gepäck sei. Ich erwiderte, dass ich dazu keine Aussagen machen werde. Daraufhin wurde mir gedroht, sollte ich keine Aussagen machen, müssten sie annehmen, dass ich Beihilfe zur illegalen Einreise geleistet hätte. Sie müssten mich dann mitnehmen. Ich wurde ziemlich aufgebracht und meinte, dass das völliger Quatsch sei. Auf die Frage, wie viel Bargeld ich dabei habe, reagierte ich patzig und meinte so etwas wie „Tausend Euro, ich habe ja gerade jemandem über die Grenze geholfen.“ Nun wurde ich aus dem Abteil geschickt und ein Beamter durchsuchte meinen Rucksack. Er schaute sich alles genau an und roch sogar an einzelnen Kleidungsstücken, die er anscheinend nicht für meine hielt. Da ich seine Fragen immer noch nicht beantwortet hatte, wurde ich mit meinen Sachen aus dem Zug begleitet.
Auf dem Bahnsteig kam dann ein Beamter, der scheinbar die Rolle des „Good-Cop“ spielte und fragte, was denn da drin passiert sei, ob das meine Unterwäsche gewesen sei in meinem Rucksack und was ich über den Menschen wisse, der mit mir im Abteil saß. Ich hatte weiterhin keine Lust, darüber zu reden. Der Zug fuhr inzwischen ab. Mir wurde erlaubt, kurz zu telefonieren. Dann wurde ich, getrennt von den anderen Menschen, die sie aus dem Zug geholt hatten, zu einem Auto gebracht. Zwischendurch bekam ich ein Armband, wurde noch einmal am Körper durchsucht und sie nahmen mir mein Handy ab. Wir fuhren ein ganzes Stück zu einer Halle, in der die Bundespolizei sich eine Wache eingerichtet hatte. Es gab dort verschiedene Warte- und Untersuchungsbereiche. Hinweisschilder in verschiedenen Sprachen erklärten, was hier getan werden darf und was nicht. Während ich dort war, wurde ich von Wartebereich zu Wartebereich geschickt.
Mein Rucksack wurde von einem Raum in den anderen getragen und durchsucht. Während der ganzen Zeit wurde ich von einer Person überwacht. Als ich im zweiten Wartebereich saß, kam der „Bad-Cop“ vom Anfang mit zwei der Menschen, die sie aus dem Zug geholt hatten und einem Übersetzer. Er sagte dem Übersetzer, dieser solle fragen, ob sie mich kennen. Die Menschen waren sichtlich eingeschüchtert und beschrieben anscheinend eine andere Person, die mit ihnen im Abteil saß. Der „Bad-Cop“ war sichtlich genervt und wiederholte seine Frage, worauf sie dem Übersetzer sagten, dass sie mich nicht kennen würden. Sie gingen wieder und ich wartete. Nach vielleicht anderthalb Stunden kam ein mir bis dahin unbekannter Polizist. Er wolle mit mir über den Vorfall reden und erwähnte, dass ich anscheinend nicht so kooperativ sei. Er drohte mir, sollte ich jetzt nicht reden, könnte ich bis zum nächsten Tag bleiben und dann auf eine andere Wache verlegt werden. Zusätzlich gab er mir noch zu verstehen, dass der Verdacht der Schleuserei im Übrigen schon hinfällig sei. Ich antwortete, dass ich den Menschen aus dem Zug nicht kenne. Er fragte mich nach Bahnhöfen aus, durch die wir gefahren sein könnten. Diese sagten mir aber nichts und da ich immer noch keine genaue Beschreibung des Hergangs lieferte, versuchte er, mir eine Version der Geschichte aufzudrängen: „Es war also so, dass Sie eingeschlafen sind und als Sie aufgewacht sind war er da.“ Diese Version bestätigte ich ihm nicht und erklärte, dass er schon da gewesen sei, als ich einstig. Er fragte mich auch, was ich denn in Österreich gemacht hätte. Diesen Fragen versuchte ich aus dem Weg zu gehen oder sie möglichst ungenau zu beantworten. Er hielt dann fest: „Es war also so, dass Sie eingeschlafen sind und als Sie aufgewacht sind war er da.“ Ich war genervt und meinte, wenn es sowieso egal sei, was ich sage, könne er ja schreiben was er will. Dann wollte er darüber reden, warum ich die Polizei nicht möge. Er sei ehrlich zu mir, dann könne ich doch auch ehrlich zu ihm sein. Er setze sich ja noch nicht mal hin um mit mir zu reden, meinte ich und da drehte er sich um und ging.
Nach einer Weile riefen sie mich zum Ausgang, gaben mir meinen komplett durcheinander gebrachten Rucksack wieder und der Polizist von eben meinte: „Schauen Sie lieber nach, ob die böse Polizei Ihnen was weggenommen hat.“ Ich wurde nach draußen zum Tor begleitet. Auf meine Frage, wie ich zum Bahnhof komme, kam irgendwas, was ich nicht verstand. Ich fragte die Pförtner nach dem Weg und lief noch eine Stunde zum Bahnhof, als ich dort ankam war es halb vier.
Anfang August kam ein Schreiben der Staatsanwaltschaft Passau an die mir zu geordnete Adresse. In diesem heißt es, dass das Ermittlungsverfahren wegen Beihilfe zur unerlaubten Einreise gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden ist. Ich habe vor, Einsicht in die Akten zu verlangen.