Unterlassende Hilfeleistung im Görlitzer Park – Bericht über rassistische Polizeikontrolle in Berlin
Görlitzer Park Berlin, 21. August 2014, ca. 19:30. Ein 0815-Spätsommerabend im Görli. Der Park ist voll mit Leuten. Wir (R&Tx) sitzen auf einer Treppe. Ca. 30 Meter entfernt sammelt sich Polizei bei einer kleinen Gruppe von Menschen, überwiegend Schwarze. Es ist schwer zu erkennen, was los ist.
Wir nähern uns der Situation. Ein Schwarzer Mann liegt, nicht mehr ansprechbar, mit nacktem Oberkörper und einem Verband am Arm am Boden. Auf der Wiese sind Blutflecken. Vier bis fünf Polizeibeamt_innen stehen um ihn herum, machen nichts. Sie schicken die Schwarzen Menschen, die im Kreis um die liegende Person stehen, sehr bestimmt weg.
Wir sprechen einen Mann an, der dabei steht, fragen ihn was los ist und warum kein Arzt oder Rettungswagen da ist. Er weiß es auch nicht. Es habe wohl eine Auseinandersetzung zwischen dem Verletzten und einer anderen Person gegeben, dabei wurde Ersterer am Arm (mit einem Messer oder einer Flasche) verletzt. Wir sprechen einen der Beamten an und fragen, warum kein Arzt oder Sani vor Ort ist. Er antwortet, es seien vor 10 Minuten Sanitäter informiert worden und unterwegs. Auf Nachfrage von R, warum das denn mitten in Berlin so lange dauere, reagiert er abwehrend. Er fragt R., ob sie etwas mit der Situation zu tun habe und fordert sie auf, sich zu entfernen. read more
Bericht von Erich M. – Polizeikontrolle im Zug und Vorwurf der Schleuserei
Ende Juni 2016 fuhr ich mit dem Zug aus Österreich durch Passau. In einem Sechserabteil saßen außer mir noch zwei weitere Menschen. Ich versuchte zu schlafen. Gegen Mitternacht gingen die Abteiltüren auf, es wurde mit einer Taschenlampe hineingeleuchtet. Die Personen wiesen sich als Bundespolizei aus und fragten nach Ausweisdokumenten. Mir entfuhr zur Begrüßung „Schweine“ -‑auch, weil ich zunächst glaubte, sie wollen nur die Dokumente von den anderen, nicht-weißen Menschen, sehen. Doch sie wollten auch meine, also gab ich ihnen meinen Reisepass. Inzwischen war klar, dass ein Mensch keine Papiere hatte. Ich wurde gefragt, ob dieser ein Handy dabei habe und ob ich wüsste welches sein Gepäck sei. Ich erwiderte, dass ich dazu keine Aussagen machen werde. Daraufhin wurde mir gedroht, sollte ich keine Aussagen machen, müssten sie annehmen, dass ich Beihilfe zur illegalen Einreise geleistet hätte. Sie müssten mich dann mitnehmen. Ich wurde ziemlich aufgebracht und meinte, dass das völliger Quatsch sei. Auf die Frage, wie viel Bargeld ich dabei habe, reagierte ich patzig und meinte so etwas wie „Tausend Euro, ich habe ja gerade jemandem über die Grenze geholfen.“ Nun wurde ich aus dem Abteil geschickt und ein Beamter durchsuchte meinen Rucksack. Er schaute sich alles genau an und roch sogar an einzelnen Kleidungsstücken, die er anscheinend nicht für meine hielt. Da ich seine Fragen immer noch nicht beantwortet hatte, wurde ich mit meinen Sachen aus dem Zug begleitet. read more
Warum eine Chronik rassistischer Polizeiübergriffe so wichtig ist:
KOP Bremen hat es sich zur Aufgabe gemacht, rassistisch motivierte Übergiffe der Polizei zu dokumentieren. Sofern von den Betroffenen gewünscht, wollen wir diese anonym auf unserer Internetseite veröffentlichen. Wir halten diese Dokumentationsarbeit für sehr wichtig:
– Institutioneller Rassismus ist allzu oft nicht sichtbar für die, die nicht unmittelbar betroffen sind. Indem wir aufzeigen, wie häufig racial profiling tatsächlich vorkommt, können wir deutlich machen, dass es sich bei rassistischen Übergriffen nicht um traurige Einzelfälle handelt, sondern in die Struktur der Polizei eingeschrieben ist.
– Institutioneller Rassismus zeigt sich in vielen Facetten, nicht jeder rassistischer Übergriff endet im Krankenhaus und damit in den Schlagzeilen der Medien. Um die Vielschichtigkeit deutlich zu machen, ist es sinnvoll, verschiedene Formen rassistischer Gewalt aufzuzeigen.
– Menschen, die Opfer rassistischer Polizeiübergriffe werden, stehen in Statistiken oft als TäterInnen da. Die Polizei muss ihre rassistische Praxis legitimieren und begründet ihr Vorgehen allzu häufig mit Widerstand der kontrollierten Person. Eine parteiliche Chronik, die die Betroffenen nicht hinterfragt, sondern das Geschehene als rassistischen Übergriff verdeutlicht, stärkt die Betroffenen und kann dazu beitragen, die Zuschreibung als TäterInnen zu korrigieren.